Wie gelingt soziale Integration durch die Klassenlehrpersonen sowie die schulischen Heilpädagog:innen von Schüler:innen mit einer kognitiven Beeinträchtigung?

Im integrativen Unterricht arbeiten Kinder mit einer kognitiven Beeinträchtigung in der Regelklasse mit anderen Schüler:innen gemeinsam an denselben Unterrichtsinhalten und werden durch Fachpersonen unterstützt. Die Akzeptanz in der Klasse wäre daher wichtig. Jedoch zeigt sich, dass Kinder mit kognitiver Beeinträchtigung eher von sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Die Bachelorarbeit von Frau Bänziger stellt die Förderung der sozialen Integration sowie der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit in den Mittelpunkt. Aufbauend auf eine Literaturanalyse untersucht und bündelt Frau Bänziger im empirischen Teil ihrer Arbeit Erfahrungswissen von Lehrpersonen und wertet vorhandene Programmatiken auf Schulhausebene aus. Sie kann aufzeigen, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und schulischen Heilpädagog:innen zentral sind für eine gelingende soziale Integration von Kindern mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Dazu gehören eine adaptive Planung, der Einsatz differenzierter Unterrichtsmaterialien und die Begleitung während der Arbeitsphasen ebenso wie eine integrative Haltung der Lehrenden.

Die Bachelorarbeit von Frau Bänziger dokumentiert in ausserordentlich gelungener Weise einen Prozess, in dem sich die Autorin gleichsam «forschend professionalisiert». Ihre Fragen und Ziele haben eine geradezu ideale «Flughöhe»: nicht zu hoch, sondern stets verankert und auf ganz konkrete professionelle Handlungsprobleme bezogen, die ihrerseits nicht als einfach lösbar beschrieben, sondern präzise analysiert werden. Dabei verschränkt die Autorin auf der Basis eigener Erfahrungen eine produktive, eigenständige Rezeption theoretischer Perspektiven und empirischer Befunde.

RQ1: What does an explicit focus on ABE – specifically about skin color and sexuality – trigger in secondary school learners’ opinions towards aspects of these issues?

RQ2: How can the current research on ABE influence teaching decisions in Swiss secondary school lessons?

Vorurteile und Diskriminierung sind unerwünschte Folgen unterschiedlicher Wertesysteme in unserer vielfältigen Gesellschaft. Insbesondere in der Verantwortung sind Schulen mit ihrem Bildungsauftrag zur Förderung von Gleichberechtigung und Integration. Mithilfe einer nach dem pädagogischen Konzept der Anti-Bias-Erziehung (ABE) entwickelten und auf der Sekundarstufe I durchgeführten Interventionsstudie über Hautfarbe und Sexualität schält Florian Feuchter sorgfältig heraus, dass die Genderwirkung, die Genderrollenwirkung und der sexuelle Bias stärkere Diskriminierungen bewirken als BIPoC-Aspekte. Die Sensibilisierung von Schüler:innen für Diskriminierung beeinflussen positiv Unterrichtssituationen, welche die Perspektive von Minderheitsgruppen thematisieren – so ein weiteres Ergebnis.

Florian Feuchter beweist Mut und nähert sich dem sensiblen und hochrelevanten Thema des Umgangs mit Vorurteilen und der schulischen Anti-Vorurteils-Erziehung mit grosser Sensibilität, Sorgfalt und Genauigkeit, wohlgemerkt in englischer Sprache auf bemerkenswert hohem Niveau.Die Arbeit überzeugt durch die stringente Darstellung der Forschungsliteratur sowie durch den klug gewählten Methodenmix. Es gelingt Florian Feuchter, die komplexe Auswertung der erhobenen Daten und die Ergebnisse schlüssig und hervorragend nachvollziehbar darzustellen und die Ergebnisse unter Einbeziehung der referierten Forschungsliteratur methodisch und unterrichtspraktisch umsichtig einzuordnen. Eine hervorragende Arbeit, die in vorbildlicher Weise zeigt, wie die Kluft zwischen Forschung und Praxis überbrückt werden kann.

Wie nehmen Lehrpersonen schüchterne Unterstufenkinder im Schulalltag wahr?

Wenn es heisst, «Er ist eben schüchtern», scheinen alle zu verstehen, was gemeint ist. Doch Schule und Eltern sprechen nicht immer dieselbe Sprache. Wie schüchterne Kinder auf Lehrpersonen wirken und in welchen Verhaltensweisen und Situationen sie ihnen auffallen, untersucht Frau Hämmig in ihrer Bachelorarbeit. Es ist ein mutiger Versuch, eine Brücke zwischen Alltagslogik, psychologischen Konzepten und professionellem Handeln zu schlagen. Ihre Inhaltsanalyse von fünf Interviews mit Lehrpersonen der Unterstufe zeigt, dass schüchterne Kinder von Lehrpersonen durchaus wahrgenommen werden. Die Lehrpersonen geben an, dass sie ihr Verhalten den Bedürfnissen schüchterner Kinder anpassen und ihnen gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt sind; sie bemerken selbst, dass ihnen vorerst schüchterne Kinder nicht auffallen.

Sabrina Hämmerli bearbeitet eine einfach anmutende Frage stringent und differenziert. Der Mut der Verfasserin sowie die Qualität der Durchführung überzeugen: eine eigene Frage verfolgen, nach den Regeln der Kunst bearbeiten und mit schlüssigen Antworten, differenzierter Reflexion und kritischem Weiterdenken abschliessen. Innovativ ist, dass es in der Arbeit gelingt, Alltagskonzepte von Lehrpersonen und Eltern in tiefgehender Weise zu verbinden, aufs «Unauffällige und Unproblematische» zu fokussieren und eine vordergründig ruhige Ecke des Lerngeschehens im Klassenzimmer zu beleuchten. Sabrina Hämmigs Arbeit verdient Anerkennung, weil sie alltägliche Konzepte und Begriffe auf ihre Wirkung im Handeln und in der Reflexion hinterfragt.

Wie erlebt ein Schulleiter das Angebot der Schulinsel?

Frau Schwager widmet sich in ihrer Arbeit einem hoch aktuellen Thema: Die Frage, wie der gesetzlich verankerte Grundsatz der integrativen Förderung in der Schule konkret umgesetzt werden kann, ohne dass es zu überfordernden Situationen im Schulalltag und zu hohen Belastungen der Lehrpersonen kommt, treibt viele Schulen um. Die Schulinsel ist ein flexibles, niederschwelliges Angebot in der Schule, das der Entschärfung von Krisen im Klassenzimmer dient, mit dem Ziel der schnellen Reintegration in die Klasse. Anhand eines mittels «Grounded Theory» vertieft ausgewerteten Leitfadeninterviews gelingt es Frau Schwager exemplarisch am Fall eines Schulleiters aufzuzeigen, wie das Modell der Schulinsel so umgesetzt werden kann, dass es nicht nur ein «Ventil» darstellt, um heikle Situationen im Klassenzimmer zu entschärfen, sondern dass es als integratives Angebot längerfristig die Tragfähigkeit der Schule erhöhen, Belastungen reduzieren und die Integration stärken kann. Laut dem untersuchten Schulleiter können Schulinseln dabei helfen, Dropouts und Disziplinarfälle zu vermeiden, da die Schüler:innen im gewohnten schulischen Umfeld verbleiben konnten. Wichtig sei dabei, das Modell der Schulinsel stets kritisch zu überprüfen und auch neuen Gegebenheiten im Alltag anzupassen.

Die Arbeit zeichnet sich durch eine hohe Eigenständigkeit der Bearbeitung nach wissenschaftlichen Kriterien aus. Sie überzeugt durch ihre sehr sorgfältig durchgeführte Auswertung und ermöglicht einen differenzierten Blick auf die Herausforderungen im Umgang mit dem Grundsatz der integrativen Förderung in der Volksschule und auf die Rahmenbedingungen, die nötig sind, damit Schulinseln entlastend und integrativ wirken können. Nebst den Lehrpersonen kommt auch der Schulleitung eine wichtige Rolle zu. Ein besonderes Verdienst der Arbeit ist es aufzuzeigen, dass ein Modell wie die Schulinsel nicht einfach standardmässig eingeführt werden kann, sondern dass für den Erfolg eine dauernde auf den Schulkontext und Schulalltag bezogene Weiterentwicklung nötig sind.